Betreff
Antrag der CDU/FDP Fraktion des Stadtrates vom 24.05.2021 zur Überarbeitung der Straßenreinigungsgebührensatzung vom 13.02.2017
Vorlage
212/2021
Art
Beschlussvorlage

Gemäß der Begründung dieses Antrages (siehe Anlage 1 zu diesem Beschluss) soll der § 3 der Straßenreinigungsgebührensatzung dahingehend geändert werden, dass nur die Frontmeter kalkuliert und veranlagt werden, welche direkt an der Straße anliegen.

1.    Ziele der Neufassung der Straßenreinigungsgebührensatzung – Beschlussfassung vom 02.02.2017

Die Neufassung der Straßenreinigungsgebührensatzung war erforderlich, um zum einen die Rechtssicherheit bei der Erhebung der Straßenreinigungsgebühren herbeizuführen und zum anderen eine Vereinheitlichung des Ortsrechts für die Stadt Burg und der Ortschaften zu schaffen und um eine annähernde Gebührengerechtigkeit gemäß des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG zwischen den erschlossenen Grundstücken herzustellen.

Wesentliche Gegenstände u.a. in der Neufassung waren:

  • Aktualisierung des Satzungstextes anhand der gesetzlichen Normen. Dies beinhaltete u.a. die Klarstellung, Definition und Modifikation der Frontmeter, die Definition des Gebührenpflichtigen, die Definition des erschlossenen Grundstücks usw.
  • Neuberechnung der Gebührensätze und Herausnahme der Gebührensätze für den Winterdienst auf Fahrbahnen
  • Neue Definition und Berechnung des Allgemeininteresses

2.    Beispiele Frontmeter nach der alten Straßenreinigungsgebührensatzung und nach der Neufassung der Straßenreinigungsgebührensatzung

Gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA ist die nach § 47 StrG LSA geregelte Verpflichtung zum Reinigen und zum Winterdienst den Eigentümern oder Besitzern der durch öffentliche Straßen erschlossenen Grundstücke aufzuerlegen oder sie zu den entsprechenden Kosten heranzuziehen. Da § 50 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 StrG LSA keine Differenzierung hinsichtlich der Gebührenpflicht für Anlieger und Hinterlieger vorsieht, besteht in Sachsen-Anhalt die Notwendigkeit der Heranziehung von Hinterliegern. Diese gesetzliche Regelung gilt auch für Teilhinterliegergrundstücke.

Anliegergrundstücke und Grundstücke mit Teilhinterliegereigenschaft

Textfeld:

Grundstück B ist ein reines Anliegergrundstück. Grundstück A ist teilweise ein Anliegergrundstück und Teilweise ein Hinterliegergrundstück.

Nach den Satzungsregelungen die bis zum 31.12.2017 gegolten haben, wurden die Frontmeter der Grundstücke wie folgt kalkuliert und veranlagt:

Grundstück B – mit 19 m Frontmeterlänge als Anliegergrundstück

Grundstück A – mit 4 m Frontmeterlänge als Anliegergrundstück

Insgesamt sind 23 m Frontmeterlänge in die Kalkulation des Gebührensatzes eingeflossen.

Nach den Satzungsregelungen die ab dem 01.01.2018 gelten, werden die Frontmeter der Grundstücke wie folgt kalkuliert und veranlagt:

Grundstück B – mit 19 m Frontmeterlänge als Anliegergrundstück

Grundstück A – mit 4 m Frontmeterlänge direkt an die Gemeindestraße anliegend und 19 m der Straße zugewandte Hinterliegerfrontlänge, projiziert auf die Gemeindestraße, also insgesamt 23 m Frontmeterlänge

Insgesamt sind 42 m Frontmeterlänge in die Kalkulation des Gebührensatzes eingeflossen.

An diesem Vergleich ist explizit sichtbar, wie sich die Frontmetermaßstäbe zwischen der alten Straßenreinigungsgebührensatzung und der Neufassung der Straßenreinigungsgebührensatzung unterscheiden. Geht man von einer gleichen Kostenmasse aus, ist der Gebührensatz nach der alten Satzungsfassung wesentlich höher. Die Verteilungslast der Straßenreinigungsgebühren sind daraus folgend ungleich, da in Bezug auf die alte Satzungsfassung Grundstück B (Frontmeterlänge 19 m) zu einer wesentlich höheren Gebühr veranlagt wird als Grundstück A (4 m Frontmeterlänge).

Im Rahmen der Neufassung der Straßenreinigungsgebührensatzung ist der Gebührensatz bei gleicher Kostenmasse, durch die zusätzliche Einbeziehung von Frontmetern in die Kalkulation, geringer und die Veranlagung zu Straßenreinigungsgebühren ist gleichmäßiger bzw. gerechter auf die beiden Beispielgrundstücke aufgeteilt. Grundstück B mit 19 m Fronmeterlänge und Grundstück A mit 23 m Frontmeterlänge.

 

Grundstücke mit einer Teilhinterliegereigenschaft gibt es viele im Satzungsgebiet. Ein klassisches Beispiel in der Stadt Burg ist in der Bruchstraße – die Schusterinsel – zu finden.

Nach der alten Satzung wurde dieses Grundstück nur mit seiner Zufahrt als Anliegerfrontmeter kalkuliert und veranlagt. Nach den neuen Satzungsregelungen ist zusätzlich auch der zugewandte Hinterliegerfrontmeter mit in die Kalkulation eingeflossen und wird zu Straßenreinigungsgebühren veranlagt.

Die Ungleichheit bei der ursprünglichen Veranlagung nach der alten Satzungsfassung bestand darin, dass große Grundstücke mit einer Teilhinterliegereigenschaft im Ergebnis weniger Straßenreinigungsgebühren bezahlt haben als Anliegergrundstücke, welche mit ihrem gesamten Frontmeter an der Gemeindestraße direkt anliegen. Die direkt anliegenden Grundstücke haben eine Teilgebührenlast durch den höheren Gebührensatz mitgetragen.

Textfeld:  Reine Hinterliegergrundstücke

Anzumerken ist, dass es für die Hinterliegergrundstücke bereits gemäß § 2 der Straßenreinigungsgebührensatzung, die bis zum 31.12.2017 gegolten hat, hierzu Regelungen gab.

Grundstück D ist ein direktes Anliegergrundstück. Grundstücke A, B und C sind sog. Hinterliegergrundstücke, die hier in diesem Beispiel über einen Privatweg erreichbar sind. Eine weitere Grundstückskonstellation für Hinterliegergrundstücke ist, dass für die Grundstücke im Grundbuch jeweils Überfahrtsrechte gesichert sind. Der Frontmeter der Hinterliegergrundstücke wird auf die Gemeindestraße projiziert.

Grundstücke in dieser Lagekonstellation waren bereits mit der alten Straßenreinigungsgebührensatzung jeweils mit seinem Frontmeter veranlagt worden. Mit der Neufassung der Straßenreinigungssatzung, welche am 01.01.2018 in Kraft getreten ist, sind die Hinterliegergrundstücke hinzugekommen, die unbebaut aber bebaubar sind, wenn sie erschlossen sind und bislang nichtberücksichtigte bebaute Hinterliegergrundstücke.

Nach Begründung des Antrages wären dann bei einer Änderung der Gebührensatzung nur noch die Frontmeterlänge von Grundstück D in die Kalkulation mit einzubeziehen und entsprechend auch nur Grundstück D wäre zu Straßenreinigungsgebühren zu veranlagen. Die Frontmeterlängen von Grundstück A, B und C fallen aus der Kalkulation raus und wären auch dann nicht mehr zu Straßenreinigungsgebühren zu veranlagen. Dies ist eine offensichtliche Ungleichbehandlung.

Solche Grundstückskonstellation findet man unter anderem in der Marientränke.

Auch hier ist eine Ungleichbehandlung offensichtlich, wenn in die Kalkulation nur der Frontmeter aufgenommen wird, der sich auf die anliegenden Grundstücke bzw. Grundstücksteile bezieht.

Gemäß der Begründung dieses Antrages soll die Satzung dahingehend geändert werden, dass die Kalkulation und Veranlagung nur der Frontmeter erfolgt, welche direkt an der Straße anliegen.

In der Kalkulationsperiode vom 01.01.2021 bis 31.12.2023 befinden sich derzeitig insgesamt 5.848 Grundstücke in der Verteilung und Veranlagung zu Straßenreinigungsgebühren. Die angestrebte Änderung des Gebührenmaßstabes würden insgesamt ca. 20 % der derzeitig veranlagten Grundstücke betreffen. Davon würden ca. 11 % der Grundstücke als Hinterliegergrundstücke komplett herausfallen und bei ca. 9 % der Grundstücke würden sich die Frontmeter auf den reinen Anliegerfrontmeter reduzieren. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass die übrigen ca. 80 % der Grundstücke zukünftig höhere Gebühren zu tragen haben.

„Eigentümer von Hinterlieger- oder Teilhinterliegergrundstücken werden im Vergleich zu Eigentümern, die in voller Länge unmittelbar an die Straße angrenzen, nicht systemwidrig ungleich behandelt, da für beide Gruppen auf die Erstreckung des einzelnen Grundstücks entlang der Straße abgestellt wird. Im Übrigen sind unterschiedliche Belastungen, die sich bei der Anwendung des Frontmetermaßstabes aus der speziellen Lagegunst oder Lageungunst des jeweiligen Grundstücks ergeben, im Interesse der notwendigen Pauschalierung und Typisierung des Gebührenmaßstabes als eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes zur Ermöglichung einer praktikablen Gebührenerhebung hinzunehmen. Der Frontmetermaßstab hat hinsichtlich der Berücksichtigung der Hinterliegerfronten sogar die Anerkennung des Bundesverfassungsgerichts gefunden (BVerfG, Beschluss v. 17.2.1982 – 1 BvR 863/81 – ZKF 1982, 213). (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, § 6, RdNr. 475)“

3.    Auswirkungen auf den Gebührensatz

Durch die zusätzliche Einbeziehung der Frontmeter von Teilhinterliegergrundstücken, Hinterliegergrundstücken, die erschlossen sind und den weiteren Frontmeter von Eckgrundstücken und den Frontmetern in den Ortschaften, kam es zu einer Mehrung des Frontmeters der sich auf die Gebührensätze in den jeweiligen Reinigungsklassen erheblich ausgewirkt haben.

Zur Verdeutlichung wird hier nochmals die Gegenüberstellung der Gebührensätze aufgezeigt.

Diese Gegenüberstellung war als Anlage 5 dem Beschluss 120/2016/1 beigefügt.

Textfeld:

Die Auswirkungen auf die Gebührensätze durch die Mehrung der Frontmeter sind sehr deutlich zu erkennen. Der Kostenrahmen war für die Kalkulationsperiode 2018 bis 2020 im Verhältnis zu den Vorjahren annähernd gleich. Der ausschlaggebende Faktor sind hier die neu ermittelten Frontmeter.

Wie bereits unter Punkt 2 ausgeführt, führt eine Änderung des Gebührenmaßtabes in Hinblick auf den Antrag der CDU/FDP Fraktion des Stadtrates zur Erhöhung der Gebühren. Grundstücke mit Teilhinterliegereigenschaft und Hinterliegergrundstücke werden dabei entlastet bzw. gebührenfrei gestellt und die direkten Anliegergrundstücke werden wieder mehr belastet.

4.    Würdigung des angeführten Beispiels im Antrag

Bezüglich des genannten Beispiels in dem vorliegenden Antrag handelt es sich auch hierbei um ein im Jahr 2020 geführtes Widerspruchsverfahren. Der Widerspruch wurde mit einer umfangreichen Begründung abgelehnt. Klage gegen den betreffenden Bescheid wurde beim Verwaltungsgericht Magdeburg nicht erhoben.

Dieses Grundstück hat einen direkten Anliegerfrontmeter und einen Hinterliegerfrontmeter, welcher der Straße zugewandt ist. Ein Grundstück also mit einer Teilhinterliegereigenschaft.

Auf den ersten Blick vermag die gemessene Frontmeterlänge in Höhe von 46,60 m – gerundet 47 m im Verhältnis zur ursprünglichen gemessene Frontmeterlänge in Höhe von 14,80 – gerundet 15 m unverhältnismäßig sein. Wenn man die Grundstückssituation und –geometrie betrachtet, ergibt sich ein anderes Bild.

Der Eigentümer dieses Grundstücks hatte im Rahmen eines Klageverfahrens durchaus die Möglichkeit gehabt, seinen veranlagten Frontmeter auf Unverhältnismäßigkeit überprüfen zu lassen. Dieses ist nicht erfolgt. Aus Sicht der Verwaltung ist das Grundstück mit einer Frontmeterlänge gerundet i.H.v. 47 m rechtmäßig veranlagt worden.

5.    Rechtliche Würdigung der Verwaltung zur Änderung der Straßenreinigungsgebührensatzung gemäß des Antrages

Insgesamt wurden im Rahmen der Neufassung der Straßenreinigungsgebührensatzung vom 02.02.2017 211 Widerspruchsverfahren geführt. Daraus wurden gegen 10 Straßenreinigungsgebührenbescheide Klage beim Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben.

Am 03.12.2020 und am 21.01.2021 wurden die ersten beiden Verfahren beim Verwaltungsgericht Magdeburg abschließend mündlich verhandelt. In diesen beiden Verfahren (Grund Teilhinterliegergrundstücke) wurden die Klagen nach dem Vortrag der Richterin, auf Anraten der Richterin, in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Die Kläger wurden somit rechtmäßig mit dem bestrittenen Fronmeter ihres Grundstücks veranlagt.

Am 24.11.2021 sind weitere 5 Klageverfahren zur mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht Magdeburg angesetzt. Die Entscheidungen zu den übrigen Klageverfahren stehen noch aus. Diese Entscheidungen haben jedoch keinen Einfluss mehr auf die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der Straßenreinigungssatzung und Straßenreinigungsgebührensatzung insgesamt.

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat die Neufassung der Straßenreinigungssatzung und die Neufassung der Straßenreinigungsgebührensatzung der Stadt Burg insgesamt als rechtswirksam eingestuft. Keine der Regelungen ist fehlerhaft oder nichtig. Die Verfahrensweise der Neuberechnung der Straßenreinigungsgebühren unter Einbeziehung der Teilhinterlieger- und Hinterliegerfrontmeter wurde durch das Verwaltungsgericht Magdeburg für rechtmäßig erklärt.

Auf Grund der festgestellten Rechtmäßigkeit der Straßenreinigungssatzung und Straßenreinigungsgebührensatzung ist die Stadt Burg in der Lage ihre Einnahmen durch Straßenreinigungsgebühren rechtmäßig und regelmäßig zu sichern.

Die beantragte Änderung der Straßenreinigungsgebührensatzung, nur noch den Anliegerfrontmeter als Verteilungs- und Gebührenmaßstab zu regeln, verstößt eindeutig gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, gegen die gesetzlichen Regelungen des Landes Sachsen-Anhalt und gegen höchstrichterliche Rechtsprechung. Wie bereits oben ausgeführt, führt das zu einer Ungleichbehandlung bei den direkt erschlossenen anliegenden Grundstücke im Verhältnis zu den erschlossenen anliegenden Grundstücken mit Teilhinterliegereigenschaft und erschlossenen Hinterliegergrundstücken.

Die beantragte Regelungsänderung ist aus Sicht der Verwaltung ein offensichtlicher Fehler in der Verteilungsreglung (§ 3 Straßenreinigungsgebührensatzung). Ist die Verteilungsregelung fehlerhaft, führt das zur Nichtigkeit der Verteilungsregelung. Eine Nichtigkeit in der Verteilungsregelung führt nach der einschlägigen Rechtsprechung immer zur Nichtigkeit der gesamten Satzung.

Auf der Grundlage einer nichtigen Satzung kann die Stadt Burg dann vorerst keine Straßenreinigungsgebühren mehr erheben. Jeder bekanntgegebene Straßenreinigungsgebührenbescheid ist ebenfalls nichtig. Jedem eingelegten Widerspruch ist stattzugegeben. Bei einer kalkulierten Einnahme derzeitig i.H.v. ca. 299.00,00 EUR ist dies für den städtischen Haushalt nicht ganz unwesentlich.

Eine rechtssichere Erhebung von Straßenreinigungsgebühren ist erst dann wieder möglich, wenn die nichtige Satzung durch eine rechtmäßige Satzung, ggf. rückwirkend ersetzt wird.

Dass sich einige Grundstückseigentümer durch die Neuregelungen in der Straßenreinigungsgebührensatzung benachteiligt fühlen, weil sie jetzt mit einer höheren Frontmeterlänge veranlagt werden, ist durchaus verständlich, aber in der Gesamtbetrachtung unter dem Grundsatz der Gleichbehandlung und der gesetzlichen Regelungen rechtmäßig und gerechtfertigt.


Anlagen:

Anlage 1 Antrag der CDU/FDP Fraktion des Stadtrates vom 24.05.2021


Der Stadtrat beschließt keine Änderung des § 3 der Straßenreinigungsgebührensatzung.


Finanzielle Auswirkungen ?

ja

nein

1

Gesamtkosten der Maßnahmen (Beschaffungs- Herstellkosten)

2

davon Zuschüsse:

3

jährliche Folgekosten/-lasten

                                 EUR

Land:                           EUR

                                  EUR

                                               

Sonstige:                     EUR

Veranschlagung im

Teilhaushalt Nr.

HH-Jahr:

            EUR

Produktsachkonto

Folgejahr:

            EUR

                                             

 

Verfahrensweise gegenüber der Kommunalaufsicht

  Genehmigung

  Anzeige

  nicht erforderlich