Gemäß der Begründung dieses Antrages (siehe Anlage
1 zu diesem Beschluss) soll der § 3 der Straßenreinigungsgebührensatzung
dahingehend geändert werden, dass nur die Frontmeter kalkuliert und veranlagt
werden, welche direkt an der Straße anliegen.
1. Ziele
der Neufassung der Straßenreinigungsgebührensatzung – Beschlussfassung vom
02.02.2017
Die Neufassung der Straßenreinigungsgebührensatzung
war erforderlich, um zum einen die Rechtssicherheit bei der Erhebung der
Straßenreinigungsgebühren herbeizuführen und zum anderen eine Vereinheitlichung
des Ortsrechts für die Stadt Burg und der Ortschaften zu schaffen und um eine
annähernde Gebührengerechtigkeit gemäß des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach
Art. 3 Abs. 1 GG zwischen den erschlossenen Grundstücken herzustellen.
Wesentliche Gegenstände u.a. in der Neufassung
waren:
- Aktualisierung des Satzungstextes anhand der
gesetzlichen Normen. Dies beinhaltete u.a. die Klarstellung, Definition
und Modifikation der Frontmeter, die Definition des Gebührenpflichtigen,
die Definition des erschlossenen Grundstücks usw.
- Neuberechnung der Gebührensätze und
Herausnahme der Gebührensätze für den Winterdienst auf Fahrbahnen
- Neue Definition und Berechnung des
Allgemeininteresses
2. Beispiele
Frontmeter nach der alten Straßenreinigungsgebührensatzung und nach der
Neufassung der Straßenreinigungsgebührensatzung
Gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA
ist die nach § 47 StrG LSA geregelte Verpflichtung zum Reinigen und zum
Winterdienst den Eigentümern oder Besitzern der durch öffentliche Straßen erschlossenen Grundstücke
aufzuerlegen oder sie zu den entsprechenden Kosten heranzuziehen. Da § 50 Abs.
1 Nr. 3 S. 1 StrG LSA keine Differenzierung hinsichtlich der Gebührenpflicht
für Anlieger und Hinterlieger vorsieht, besteht in Sachsen-Anhalt die Notwendigkeit
der Heranziehung von Hinterliegern. Diese gesetzliche Regelung gilt auch für
Teilhinterliegergrundstücke.
Anliegergrundstücke und
Grundstücke mit Teilhinterliegereigenschaft
Grundstück B ist ein reines Anliegergrundstück.
Grundstück A ist teilweise ein Anliegergrundstück und Teilweise ein
Hinterliegergrundstück.
Nach den Satzungsregelungen die bis zum 31.12.2017
gegolten haben, wurden die Frontmeter der Grundstücke wie folgt kalkuliert und
veranlagt:
Grundstück B – mit 19 m Frontmeterlänge als
Anliegergrundstück
Grundstück A – mit 4 m Frontmeterlänge als
Anliegergrundstück
Insgesamt sind 23 m Frontmeterlänge in die
Kalkulation des Gebührensatzes eingeflossen.
Nach den Satzungsregelungen die ab dem 01.01.2018
gelten, werden die Frontmeter der Grundstücke wie folgt kalkuliert und
veranlagt:
Grundstück B – mit 19 m Frontmeterlänge als
Anliegergrundstück
Grundstück A – mit 4 m Frontmeterlänge direkt an
die Gemeindestraße anliegend und 19 m der Straße zugewandte
Hinterliegerfrontlänge, projiziert auf die Gemeindestraße, also insgesamt 23 m
Frontmeterlänge
Insgesamt sind 42 m Frontmeterlänge in die
Kalkulation des Gebührensatzes eingeflossen.
An diesem Vergleich ist explizit sichtbar, wie sich
die Frontmetermaßstäbe zwischen der alten Straßenreinigungsgebührensatzung und
der Neufassung der Straßenreinigungsgebührensatzung unterscheiden. Geht man von
einer gleichen Kostenmasse aus, ist der Gebührensatz nach der alten
Satzungsfassung wesentlich höher. Die Verteilungslast der
Straßenreinigungsgebühren sind daraus folgend ungleich, da in Bezug auf die
alte Satzungsfassung Grundstück B (Frontmeterlänge 19 m) zu einer wesentlich
höheren Gebühr veranlagt wird als Grundstück A (4 m Frontmeterlänge).
Im Rahmen der Neufassung der
Straßenreinigungsgebührensatzung ist der Gebührensatz bei gleicher Kostenmasse,
durch die zusätzliche Einbeziehung von Frontmetern in die Kalkulation, geringer
und die Veranlagung zu Straßenreinigungsgebühren ist gleichmäßiger bzw.
gerechter auf die beiden Beispielgrundstücke aufgeteilt. Grundstück B mit
19 m Fronmeterlänge und Grundstück A mit 23 m Frontmeterlänge.
Grundstücke mit einer Teilhinterliegereigenschaft
gibt es viele im Satzungsgebiet. Ein klassisches Beispiel in der Stadt Burg ist
in der Bruchstraße – die Schusterinsel – zu finden.
Nach der alten Satzung wurde dieses Grundstück nur
mit seiner Zufahrt als Anliegerfrontmeter kalkuliert und veranlagt. Nach den
neuen Satzungsregelungen ist zusätzlich auch der zugewandte
Hinterliegerfrontmeter mit in die Kalkulation eingeflossen und wird zu
Straßenreinigungsgebühren veranlagt.
Die Ungleichheit bei der ursprünglichen
Veranlagung nach der alten Satzungsfassung bestand darin, dass große
Grundstücke mit einer Teilhinterliegereigenschaft im Ergebnis weniger
Straßenreinigungsgebühren bezahlt haben als Anliegergrundstücke, welche mit
ihrem gesamten Frontmeter an der Gemeindestraße direkt anliegen. Die direkt
anliegenden Grundstücke haben eine Teilgebührenlast durch den höheren
Gebührensatz mitgetragen.
Reine Hinterliegergrundstücke
Anzumerken ist, dass es für die
Hinterliegergrundstücke bereits gemäß § 2 der Straßenreinigungsgebührensatzung,
die bis zum 31.12.2017 gegolten hat, hierzu Regelungen gab.
Grundstück D ist ein direktes Anliegergrundstück.
Grundstücke A, B und C sind sog. Hinterliegergrundstücke, die hier in diesem
Beispiel über einen Privatweg erreichbar sind. Eine weitere
Grundstückskonstellation für Hinterliegergrundstücke ist, dass für die
Grundstücke im Grundbuch jeweils Überfahrtsrechte gesichert sind. Der Frontmeter
der Hinterliegergrundstücke wird auf die Gemeindestraße projiziert.
Grundstücke in dieser Lagekonstellation waren
bereits mit der alten Straßenreinigungsgebührensatzung jeweils mit seinem
Frontmeter veranlagt worden. Mit der Neufassung der Straßenreinigungssatzung,
welche am 01.01.2018 in Kraft getreten ist, sind die Hinterliegergrundstücke
hinzugekommen, die unbebaut aber bebaubar sind, wenn sie erschlossen sind und
bislang nichtberücksichtigte bebaute Hinterliegergrundstücke.
Nach Begründung des Antrages wären dann bei einer
Änderung der Gebührensatzung nur noch die Frontmeterlänge von Grundstück D
in die Kalkulation mit einzubeziehen und entsprechend auch nur Grundstück D
wäre zu Straßenreinigungsgebühren zu veranlagen. Die Frontmeterlängen von Grundstück
A, B und C fallen aus der Kalkulation raus und wären auch dann nicht mehr
zu Straßenreinigungsgebühren zu veranlagen. Dies ist eine offensichtliche
Ungleichbehandlung.
Solche Grundstückskonstellation findet man unter
anderem in der Marientränke.
Auch hier ist eine Ungleichbehandlung
offensichtlich, wenn in die Kalkulation nur der Frontmeter aufgenommen
wird, der sich auf die anliegenden Grundstücke bzw. Grundstücksteile bezieht.
Gemäß der Begründung dieses Antrages soll die
Satzung dahingehend geändert werden, dass die Kalkulation und Veranlagung nur
der Frontmeter erfolgt, welche direkt an der Straße anliegen.
In der Kalkulationsperiode vom 01.01.2021 bis
31.12.2023 befinden sich derzeitig insgesamt 5.848 Grundstücke in der
Verteilung und Veranlagung zu Straßenreinigungsgebühren. Die angestrebte
Änderung des Gebührenmaßstabes würden insgesamt ca. 20 % der derzeitig
veranlagten Grundstücke betreffen. Davon würden ca. 11 % der Grundstücke als
Hinterliegergrundstücke komplett herausfallen und bei ca. 9 % der Grundstücke
würden sich die Frontmeter auf den reinen Anliegerfrontmeter reduzieren. Im
Umkehrschluss würde das bedeuten, dass die übrigen ca. 80 % der Grundstücke
zukünftig höhere Gebühren zu tragen haben.
„Eigentümer von Hinterlieger-
oder Teilhinterliegergrundstücken werden im Vergleich zu Eigentümern, die in
voller Länge unmittelbar an die Straße angrenzen, nicht systemwidrig ungleich
behandelt, da für beide Gruppen auf die Erstreckung des einzelnen Grundstücks
entlang der Straße abgestellt wird. Im Übrigen sind unterschiedliche
Belastungen, die sich bei der Anwendung des Frontmetermaßstabes aus der
speziellen Lagegunst oder Lageungunst des jeweiligen Grundstücks ergeben, im
Interesse der notwendigen Pauschalierung und Typisierung des Gebührenmaßstabes
als eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes zur Ermöglichung einer praktikablen
Gebührenerhebung hinzunehmen. Der Frontmetermaßstab hat hinsichtlich der
Berücksichtigung der Hinterliegerfronten sogar die Anerkennung des
Bundesverfassungsgerichts gefunden (BVerfG, Beschluss v. 17.2.1982 – 1 BvR
863/81 – ZKF 1982, 213). (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, §
6, RdNr. 475)“
3. Auswirkungen
auf den Gebührensatz
Durch die zusätzliche Einbeziehung der Frontmeter
von Teilhinterliegergrundstücken, Hinterliegergrundstücken, die erschlossen
sind und den weiteren Frontmeter von Eckgrundstücken und den Frontmetern in den
Ortschaften, kam es zu einer Mehrung des Frontmeters der sich auf die
Gebührensätze in den jeweiligen Reinigungsklassen erheblich ausgewirkt haben.
Zur Verdeutlichung wird hier nochmals die
Gegenüberstellung der Gebührensätze aufgezeigt.
Diese Gegenüberstellung war als Anlage 5 dem
Beschluss 120/2016/1 beigefügt.
Die Auswirkungen auf die Gebührensätze durch die
Mehrung der Frontmeter sind sehr deutlich zu erkennen. Der Kostenrahmen war für
die Kalkulationsperiode 2018 bis 2020 im Verhältnis zu den Vorjahren annähernd
gleich. Der ausschlaggebende Faktor sind hier die neu ermittelten Frontmeter.
Wie bereits unter Punkt 2 ausgeführt, führt eine
Änderung des Gebührenmaßtabes in Hinblick auf den Antrag der CDU/FDP Fraktion
des Stadtrates zur Erhöhung der Gebühren. Grundstücke mit
Teilhinterliegereigenschaft und Hinterliegergrundstücke werden dabei entlastet
bzw. gebührenfrei gestellt und die direkten Anliegergrundstücke werden wieder
mehr belastet.
4. Würdigung
des angeführten Beispiels im Antrag
Bezüglich des genannten Beispiels in dem
vorliegenden Antrag handelt es sich auch hierbei um ein im Jahr 2020 geführtes
Widerspruchsverfahren. Der Widerspruch wurde mit einer umfangreichen Begründung
abgelehnt. Klage gegen den betreffenden Bescheid wurde beim Verwaltungsgericht
Magdeburg nicht erhoben.
Dieses Grundstück hat einen direkten
Anliegerfrontmeter und einen Hinterliegerfrontmeter, welcher der Straße
zugewandt ist. Ein Grundstück also mit einer Teilhinterliegereigenschaft.
Auf den ersten Blick vermag die gemessene
Frontmeterlänge in Höhe von 46,60 m – gerundet 47 m im Verhältnis zur
ursprünglichen gemessene Frontmeterlänge in Höhe von 14,80 – gerundet 15 m
unverhältnismäßig sein. Wenn man die Grundstückssituation und –geometrie
betrachtet, ergibt sich ein anderes Bild.
Der Eigentümer dieses Grundstücks hatte im Rahmen
eines Klageverfahrens durchaus die Möglichkeit gehabt, seinen veranlagten
Frontmeter auf Unverhältnismäßigkeit überprüfen zu lassen. Dieses ist nicht
erfolgt. Aus Sicht der Verwaltung ist das Grundstück mit einer Frontmeterlänge
gerundet i.H.v. 47 m rechtmäßig veranlagt worden.
5. Rechtliche
Würdigung der Verwaltung zur Änderung der Straßenreinigungsgebührensatzung
gemäß des Antrages
Insgesamt wurden im Rahmen der Neufassung der
Straßenreinigungsgebührensatzung vom 02.02.2017 211 Widerspruchsverfahren
geführt. Daraus wurden gegen 10 Straßenreinigungsgebührenbescheide Klage beim
Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben.
Am 03.12.2020 und am 21.01.2021 wurden die ersten
beiden Verfahren beim Verwaltungsgericht Magdeburg abschließend mündlich verhandelt.
In diesen beiden Verfahren (Grund Teilhinterliegergrundstücke) wurden die
Klagen nach dem Vortrag der Richterin, auf Anraten der Richterin, in der
mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Die Kläger wurden somit rechtmäßig mit
dem bestrittenen Fronmeter ihres Grundstücks veranlagt.
Am 24.11.2021 sind weitere 5 Klageverfahren zur
mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht Magdeburg angesetzt. Die
Entscheidungen zu den übrigen Klageverfahren stehen noch aus. Diese
Entscheidungen haben jedoch keinen Einfluss mehr auf die grundsätzliche
Rechtmäßigkeit der Straßenreinigungssatzung und
Straßenreinigungsgebührensatzung insgesamt.
Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat die Neufassung
der Straßenreinigungssatzung und die Neufassung der Straßenreinigungsgebührensatzung
der Stadt Burg insgesamt als rechtswirksam eingestuft. Keine der
Regelungen ist fehlerhaft oder nichtig. Die Verfahrensweise der Neuberechnung
der Straßenreinigungsgebühren unter Einbeziehung der Teilhinterlieger- und
Hinterliegerfrontmeter wurde durch das Verwaltungsgericht Magdeburg für rechtmäßig
erklärt.
Auf Grund der festgestellten Rechtmäßigkeit der
Straßenreinigungssatzung und Straßenreinigungsgebührensatzung ist die Stadt
Burg in der Lage ihre Einnahmen durch Straßenreinigungsgebühren rechtmäßig und
regelmäßig zu sichern.
Die beantragte Änderung der
Straßenreinigungsgebührensatzung, nur noch den Anliegerfrontmeter als
Verteilungs- und Gebührenmaßstab zu regeln, verstößt eindeutig gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, gegen die gesetzlichen
Regelungen des Landes Sachsen-Anhalt und gegen höchstrichterliche
Rechtsprechung. Wie bereits oben ausgeführt, führt das zu einer
Ungleichbehandlung bei den direkt erschlossenen anliegenden Grundstücke im
Verhältnis zu den erschlossenen anliegenden Grundstücken mit
Teilhinterliegereigenschaft und erschlossenen Hinterliegergrundstücken.
Die beantragte Regelungsänderung ist aus Sicht der
Verwaltung ein offensichtlicher Fehler in der Verteilungsreglung (§ 3
Straßenreinigungsgebührensatzung). Ist die Verteilungsregelung fehlerhaft,
führt das zur Nichtigkeit der Verteilungsregelung. Eine Nichtigkeit in der
Verteilungsregelung führt nach der einschlägigen Rechtsprechung immer zur
Nichtigkeit der gesamten Satzung.
Auf der Grundlage einer nichtigen Satzung kann die
Stadt Burg dann vorerst keine Straßenreinigungsgebühren mehr erheben.
Jeder bekanntgegebene Straßenreinigungsgebührenbescheid ist ebenfalls nichtig.
Jedem eingelegten Widerspruch ist stattzugegeben. Bei einer kalkulierten Einnahme
derzeitig i.H.v. ca. 299.00,00 EUR ist dies für den städtischen Haushalt
nicht ganz unwesentlich.
Eine rechtssichere Erhebung von
Straßenreinigungsgebühren ist erst dann wieder möglich, wenn die nichtige
Satzung durch eine rechtmäßige Satzung, ggf. rückwirkend ersetzt wird.
Dass sich einige Grundstückseigentümer durch die
Neuregelungen in der Straßenreinigungsgebührensatzung benachteiligt fühlen,
weil sie jetzt mit einer höheren Frontmeterlänge veranlagt werden, ist durchaus
verständlich, aber in der Gesamtbetrachtung unter dem Grundsatz der
Gleichbehandlung und der gesetzlichen Regelungen rechtmäßig und gerechtfertigt.
Anlagen:
Anlage 1 Antrag der
CDU/FDP Fraktion des Stadtrates vom 24.05.2021
Der Stadtrat beschließt keine Änderung des § 3 der Straßenreinigungsgebührensatzung.
Finanzielle Auswirkungen ?
|
ja |
|
|
nein |
1 |
Gesamtkosten der Maßnahmen
(Beschaffungs- Herstellkosten) |
2 |
davon Zuschüsse: |
3 |
jährliche Folgekosten/-lasten |
|
EUR |
|
Land: EUR |
|
EUR |
|
|
|
Sonstige: EUR |
|
|
Veranschlagung
im Teilhaushalt
Nr. |
HH-Jahr: |
EUR |
Produktsachkonto |
|
|
|
Folgejahr: |
EUR |
|
Verfahrensweise gegenüber der Kommunalaufsicht
Genehmigung |
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