1. Derzeitiger Stand des Verfahrens
Mit Posteingang vom 30.08.2021 schreibt der Eigentümer der Flurstücke
865/135 und 141/1 in der Flur 26 der Gemarkung Burg an die Verwaltung und
beantragt aufgrund von wiederholten Anfragen von Interessenten nach Baugrundstücken
die Zustimmung der Stadt Burg zur Bebauung der oben genannten Flurstücke. Das
vollständige Schreiben einschließlich einer zugehörigen Skizze zu einer
Bauvoranfrage ist in Anlage 1 enthalten. Im Sinne des Antrags geht es um die
Einleitung eines Aufstellungsverfahrens für einen Bebauungsplan sowie die
Änderung des Flächennutzungsplanes im Parallelverfahren.
2. Erläuterungen zum Inhalt der Beschlussfassung
Die aktuelle Lage der beiden angefragten Grundstücke, die teilweise
einer Bebauung zugeführt werden sollen charakterisiert sich aktuell nach der
Lage im Außenbereich (§ 35 BauGB). Diese Lage im Außenbereich weist keinerlei
Bezug zu einem vorhandenen Ortsrandgebiet der Stadt Burg auf. Funktionale
Beziehungen zum Umfeld bestehen nicht. Im Außenbereich herrscht generelles
Bauverbot, davon ausgenommen sind privilegierte und im Außenbereich „gesollte“
Vorhaben. Die Errichtung von Wohngebäuden für die allgemeine Bevölkerung zählt
nicht dazu.
Die Bebaubarkeit der Flurstücke 865/135 und 141/1 in der Flur 26 der
Gemarkung Burg kann aufgrund ihrer aktuellen Lage im Außenbereich nur über die
Aufstellung eines Bebauungsplanes und die Änderung des Flächennutzungsplanes im
Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 BauGB erreicht werden. Aufgrund der Lage der zu
entwickelnden Flurstücke sind die erforderlichen Bauleitplanverfahren im
umfänglichen Verfahren durchzuführen. Die Aufstellung von Bebauungsplänen
erfolgt unter Anwendung des Baugesetzbuches (BauGB), welches in seinen
Vorschriften bestimmte Vorgaben enthält.
Hinsichtlich der auf den angesprochenen Flurstücken aktuell ausgeübten
Nutzungen ist anzumerken, dass die bauliche Nutzung über eine Baugenehmigung
auf der Grundlage des § 35 BauGB zur Neuerrichtung eines vorher bereits
vorhandenen Wohngebäudes erteilt wurde. Seitens der Verwaltung wird
eingeschätzt, dass der vorhandene Bestand an Obstbäumen gegebenenfalls einen
gesetzlich geschützten Biotop gemäß § 22 Naturschutzgesetz Land Sachsen-Anhalt
(NatSchG LSA) (zu § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes darstellen könnte.
Fachliche Bewertung der Verwaltung zur Aufstellung eines
Bebauungsplanes für die Flurstücke 865/135 und 141/1 in der Flur 26
Wie in der Anlage 2 erkennbar stellt der wirksame Flächennutzungsplan
der Stadt Burg den Bereich der zur Entwicklung angesprochenen Flurstücke als
„Fläche für die Landwirtschaft“ im Sinne des § 5 Abs.2 Nr. 9a BauGB dar. Somit
ist erkennbar, dass zusätzlich zur Aufstellung des Bebauungsplanes auch eine
Änderung des Flächennutzungsplanes erforderlich ist, um dem Entwicklungsgebot
des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB zu entsprechen.
Das BauGB fordert im § 1 Abs. 5 Satz 3 BauGB, dass die städtebauliche
Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen soll.
Auf den hier beantragten Sachverhalt trifft dieses nicht zu, da die
Lage der beiden Flurstücke im Außenbereich charakterisiert wird und eine
städtebauliche Entwicklung im Sinne der Innenentwicklung (nach Verdichtung,
räumliche Ergänzung) der Ortslage an dieser Stelle nicht stattfindet.
Zusätzlich ist nicht davon auszugehen, dass durch weitere bauliche
Entwicklungen im räumlichen Umfeld der beiden Flurstücke zukünftig ein
Anschluss an die Ortslage gefunden werden kann. Es entstünde auf Dauer eine
Siedlungsinsel (Siedlungssplitter), welche unter den gegebenen Grundsätzen der
städtebaulichen Ordnung als nicht wünschenswert und nicht planenswert
eingeschätzt wird.
Die Aufstellung der Bauleitpläne unterliegt auch der Kontrolle der
Regionalplanung bzw. die Bauleitpläne sind mit den Zielen der Raumordnung
(Vorgaben der Regional und Landesplanung) abzustimmen. Diese Anforderung ergibt
sich aus § 1 Abs. 4 BauGB. Aus der Sicht der Regionalplanung hat die Stadt Burg
über den Landesentwicklungsplan und den Entwurf des Regionalen
Entwicklungsplanes für die Planungsregion Magdeburg (2. Entwurf /Fassung
09/2020) die Funktion eines Mittelzentrums zugewiesen bekommen. Hieraus ergibt
sich, bezogen auf die Thematik dieser Angelegenheit, die Möglichkeit der
Ausweisung von Wohnbauflächen ohne Nachweisführung des Bedarfes auszuführen. Allerdings
hat der aktuelle Entwurf des Regionalen Entwicklungsplanes eine Regelung
getroffen, die den Bereich des Zentralen Ortes definiert. Dieser ist in der
Anlage 2 zum aktuellen Entwurf des Regionalen Entwicklungsplanes dargestellt
und mit Beschlussvorlage BV 105/2014 für die Stadt Burg bestätigt. Somit gilt
die Ausweisung von Wohnbauflächen in der Funktion des Mittelzentrums innerhalb
des Bereiches des Zentralen Ortes als problemlos.
Bei der Auswertung dieser Situation bleibt festzustellen, dass die beiden
zur Entwicklung angesprochenen Flurstücke außerhalb des Bereiches des Zentralen
Ortes liegen. Bezüglich der hier vorliegenden Situation ist die Auswahl von
zwei Flurstücken willkürlich und ohne besondere Qualifizierung hinsichtlich
ihrer räumlichen Lage durch Alleinstellungsmerkmale auf beliebige andere
Standorte im Außenbereich übertragbar und somit nicht vergleichbar mit bisher
durchgeführten Planungen außerhalb des Bereiches des Zentralen Ortes.
Andere bisher durchgeführte Bauleitplanverfahren der Stadt Burg (zum
Beispiel in der Ortschaft Niegripp) befanden sich ebenfalls nicht innerhalb des
Bereiches des Zentralen Ortes. In Abstimmung mit den zuständigen Stellen der
Regional- und Landesplanung wurde in diesen Fällen aufgrund der Alleinstellungsmerkmale
dieser Baugebiete hinsichtlich ihrer Lage ein Einvernehmen hergestellt.
Bei der Aufstellung von Bebauungsplänen sind grundsätzlich die Belange
des § 1 Abs. 6 BauGB zu berücksichtigen. Jeder Bebauungsplan berührt aufgrund
seiner räumlichen Lage und seiner Inhalte in anderer Art und Weise und insofern
auch als Einzelfall die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belange.
Für die hier beantragte Entwicklung stellt die Verwaltung fest, dass
mit der Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens insbesondere die Belange des §
1 Abs. 6 BauGB wie folgt negativ berührt sind:
§ 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB: „die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, … sowie
die Bevölkerungsentwicklung“
In dem in der Sitzung des Stadtrates am 30.09.2021 beschlossenen
integrierten Stadtentwicklungskonzept der Stadt Burg 2030 sind Aussagen zur
demographischen Entwicklung der Stadt Burg enthalten (Seite 29 ff). Hierbei
werden für die Stadt Burg Stadt Burg auch in der eigenen Prognose der
Einwohnerentwicklung (Seite 37 ff.) weiterhin fallende Einwohnerzahlen
attestiert.
Die Analyse von kurz-, mittel- und langfristig verfügbaren
Bauflächenpotenzialen ist auf der Seite 44 ff. dargestellt und weist
entsprechend ausreichende Wohnbauflächenpotenziale für Eigenheimbauer aus. Die
tatsächliche Inanspruchnahme bedarf zum Teilen entsprechender Vorleistungen
hinsichtlich der Erschließung der Bauflächenpotenziale. Trotz dieser
Zusammenstellung der Wohnbauflächenpotenziale arbeitet die Stadt in
stadträumlich und planungsrechtlich „unkritischen“ Situationen an zusätzlichen
Standorten zur Ausweisung von Wohnbauflächen, dieses betrifft auch unter
Umständen sehr kleinteilige Planverfahren bzw. Maßnahmen. Somit wird diese
(nicht abschließend formulierte) Zusammenstellung der Wohnbauflächenpotenziale
im ISEK sinnvoll und unter Berücksichtigung der Grundsätze einer geordneten
städtebaulichen Entwicklung seitens der Verwaltung weiterentwickelt und
umgesetzt.
§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB: „die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung,
Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und
Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche“
Speziell bei diesem Belang wird Bezug genommen auf eine geordnete
städtebauliche Entwicklung, welche an vorhandene Ortsteile anknüpft und diese
weiterentwickelt. Unter dem Begriff der Weiterentwicklung kann auch
grundsätzlich die räumliche Erweiterung dieser Ortsteile eingeordnet werden.
Aufgrund der Alleinlage der beiden Flurstücke im Außenbereich besteht ein
solcher Bezug zu einem vorhandenen Ortsteil nicht. Mit der Entwicklung der Grundstücke
entsteht eine Siedlungsinsel, welche hinsichtlich der räumlichen Einordnungen
Anbindung an die vorhandenen Ortsteile eine Sonderlage darstellt und räumlich
und funktional nicht an vorhandene örtliche Strukturen anbindet.
§ 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB: „Belange des Personen- und Güterverkehrs und
der Mobilität der Bevölkerung, … und des nicht motorisierten Verkehrs, unter
besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr
ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung“
Durch die Alleinlage der zu beiden Flurstücke im Außenbereich besteht
aktuell keinerlei fußläufige Wegebeziehung auf dafür geeigneten Flächen zum
vorhandenen Hauptstraßennetz (Blumenthaler Landstraße als Kreisstraße). Eine
der näheren Umgebung (Radius von 200-500 m) zuzuordnende Haltestelle des ÖPNV
ist nicht vorhanden.
§ 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB: „die Ergebnisse eines von der Gemeinde
beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes ...“
In dem in der Stadtratssitzung am 30.09.2021 beschlossenen integrierten
Stadtentwicklungskonzept der Stadt Burg 2030 sind Aussagen zum Vorrang der Innenentwicklung im Kapitel
Klimaanpassung auf Seite 15 enthalten.
In den Leitbildern der Stadtentwicklung wird für das Leitbild „Grüne
Stadt in attraktiver Landschaft“ auf der Seite 20 der verantwortungsvolle Umgang mit Grund und Boden betont.
§ 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB: „die Belange des Küsten- oder
Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und
Verringerung von Hochwasserschäden“
Nachrichtlich wird auf hingewiesen, dass die beiden Flurstücke
innerhalb eines seitens des LHW Magdeburg ausgewiesenen Risikogebietes
außerhalb von Überschwemmungsgebieten für das Gewässer „Elbe“ gem. § 78b WHG
für das Schadensereignis „Hochwasser mit niedriger Wahrscheinlichkeit
(Extremereignis) (200-jährliches Ereignis – HQ 200 / HQ Extrem)“ liegen. Mit
dieser Ausweisung ist zwar immer noch eine Beplanbarkeit der Grundstücke
gegeben, jedoch sollten die Grundstückseigentümer auf diese vorhandene
Situation durch entsprechende Ausbildung ihrer baulichen Anlagen reagieren.
Zusammenfassung
der Bewertungen:
In der Gesamtschau der betroffenen Belange und in Anbetracht der
außerordentlich schwerwiegenden Bewertung des Sachverhaltes der mit einer
Entwicklung der Grundstücke verbundenen Entstehung eines Siedlungsabschnittes
ohne Bezug zu vorhandenen Ortslagen kommt die Verwaltung zur Auffassung, dass
die Einleitung eines Bauleitplanverfahrens für diese beiden Grundstücke mit den
Grundsätzen des BauGB nicht vereinbar ist.
3. Weitere Verfahrensweise
Dem
Antragsteller ist die Entscheidung des Stadtrates mitzuteilen.
Anlagen:
Anlage 1 – Antrag
Eigentümer zur Aufstellung eines Bebauungsplanes für zwei
Flurstücke
im Bereich Tieferwisch
Anlage 2 – Darstellung
der Lage der zwei Flurstücke in der Liegenschaftskarte mit
hinterlegten
Luftbild und aktuellen Auszug des Flächennutzungsplanes
Der Stadtrat lehnt die Einleitung
eines Aufstellungsverfahrens für einen Bebauungsplan im Sinne des Antrags vom
30.08.2021 (Anlage 1) ab.
Finanzielle Auswirkungen ?
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ja |
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x |
nein |
1 |
Gesamtkosten der Maßnahmen
(Beschaffungs- Herstellkosten) |
2 |
davon Zuschüsse: |
3 |
jährliche Folgekosten/-lasten |
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EUR |
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Land: EUR |
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EUR |
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Sonstige: EUR |
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Veranschlagung
im Teilhaushalt
Nr. |
HH-Jahr: |
EUR |
Produktsachkonto |
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Folgejahr: |
EUR |
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Verfahrensweise gegenüber der Kommunalaufsicht
Genehmigung |
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